Anbindung von Gaszählern an intelligente Messsysteme

Das Gesetz zum Neustart der Energiewende sieht die schrittweise Einführung intelligenter Messsysteme (iMsys) vor. Für die Digitalisierung der Energiewende sind iMSys mit dem Smart Meter Gateway (SMGW) als Kommunikationsschnittstelle ein wesentlicher Baustein. Bisher sind vom Rollout nur Stromzähler betroffen, es gibt jedoch bereits gesetzliche Bestimmungen für die Anbindung von Gaszählern an das SMGW. Dieser Blogbeitrag gibt Einblicke in das gemeinsame Pilotprojekt der Partner energis-Netzgesellschaft, VOLTARIS und Westenergie-Metering, in dem bereits seit Mitte 2022 die Anbindung und digitale Auslesung von Gaszählern getestet wird.

Im Rollout-Fahrplan sind verbindliche Ziele und ein konkreter Zeitrahmen für die Einführung von iMSys für die Sparte Strom hinterlegt. Bis zum Jahr 2030 soll die erforderliche Infrastruktur für ein weitgehend neutrales Energiesystem zur Verfügung stehen. Obwohl es bisher keine gesetzliche Verbindlichkeit für die Anbindung von SLP-Zählern (Standardlastprofil-Gaszähler) an das SMGW gibt, lassen die aktuellen rasanten Entwicklungen im Metering und die angespannte Lage im Gasmarkt auf eine künftige Anbindungspflicht schließen.

Intelligente Verknüpfung von Erzeugung und Verbrauch

Der ansteigende Ausbau erneuerbarer Energien und die zunehmende Sektorkopplung bei Mobilität und Wärme erfordern die intelligente Verknüpfung von Stromerzeugung und -verbrauch. Doch dürfen schon jetzt auch neue Gaszähler nur noch verbaut werden, wenn sie die technischen Voraussetzungen erfüllen, um zukünftig mit einem SMGW verbunden zu werden. Verbrauchsstellen mit registrierender Leistungsmessung (RLM) müssen bereits ab 2025 verpflichtend angeboten werden, was annehmen lässt, dass es auch die Anbindungs-Verpflichtung für SLP-Gaszähler geben wird. Auch für die Anbindung von Wasserzählern (ca. 45 Mio.) und Wärmezählern (ca. 12 Mio.) gibt es ein großes Potential.

Anbindung durch Kommunikationsadapter

Die Westenergie Metering GmbH hat für die komfortable Anbindung von Gas-SLP-Bestandszählern einen Kommunikationsadapter entwickelt, mit dem Bestandszähler verschiedener Sparten mit Impulsausgang an das SMGW angebunden werden können. Bereits seit über zwei Jahren wird an der Entwicklung des Mehrwertmoduls gearbeitet. Im Rahmen von Feldtests wurden bereits einige Anbindungen von Gas- und Wasserzählern bei verschiedenen Stadtwerken erprobt mit dem Ziel, die bearbeiteten Messwerte an deren Abrechnungssystem zu übergeben. Der große wirtschaftliche Vorteil der Lösung liegt darin, dass die Bestands-Gaszähler erhalten bleiben können und mit dem Kommunikationsadapter an das SMGW angebunden werden.

Nachhaltig, wirtschaftlich, digital

Durch die weitgehende Digitalisierung der Geschäftsprozesse entfallen manuelle Ablesungen, die Prozesseffizienz sowie die Datenqualität steigen. Und weil es keine Fahrt- und Wegezeiten zur manuellen Ablesung gibt, reduzieren sich die CO2-Emissionen. Insgesamt wird die Gesamtwirtschaftlichkeit des Smart Meter Rollouts erhöht, da Stadtwerke Bündelangebote konzipieren können, um Kunden zu binden und neue zu gewinnen. Künftig können auch Mehrwertdienste wie die Leckage-Erkennung, die Datenbereitstellung für Smart Building und die Visualisierung der Energiedaten für Endkunden über Kundenportale realisiert werden. Positiver Nebeneffekt: Die höhere Transparenz der Energieverbrauchsdaten fördert ein energieeffizientes Verbrauchsverhalten.

Weiterer Schritt zur Digitalisierung der Energiewende

In einem gemeinsamen Pilotprojekt erforschen wir zusammen mit zwei weiteren Unternehmen die Anbindung des Kommunikationsadapters und die Datenübertragung in der Praxis. Die energis-Netzgesellschaft, ein Unternehmen der VSE-Gruppe, stellt in ihrem Netzgebiet eine Messlokation bereit. Die Gateway-Administration wird derzeit noch von Westenergie Metering durchgeführt, bevor die Daten dann im weiteren Testverlauf in das Messdatenmanagementsystem der VOLTARIS und von dort in das ERP-System der energis-Netzgesellschaft übernommen werden. Unser Ziel ist es, zukünftig auch Gaszähler mit der eigenen VOLTARIS-Systemlandschaft an das SMGW anzubinden. Derzeit sammeln wir erste Erfahrungen zur technischen Machbarkeit und der Verarbeitung der Daten in den Systemen und profitieren dabei immens von Synergien und Know-how-Transfer innerhalb der beteiligten Unternehmen.

Markt der Zusatzdienste kommt in Bewegung

Zukünftig wollen wir unseren Stadtwerke-Partnern die Möglichkeit bieten, das intelligente Messwesen auf Gaszähler zu übertragen und diese digital auszulesen. Wir unterstützen sie bei der Umsetzung der Prozesse und Systeme im intelligenten Messstellenbetrieb – je nach Wunsch mit einem Software-as-a-Service-Modell oder im Rahmen des Business Process Outsourcing. Mit dem beschleunigten Smart Meter Rollout wird auch der Markt der Zusatzdienste in Bewegung kommen. Für die neuen digitalen Geschäftsmodelle ist das SMGW eindeutig die regulatorisch gewollte Kommunikationstechnologie. Innerhalb der Anwendergemeinschaft Messsystem, in der mittlerweile mehr als 40 Stadtwerke und Netzbetreiber bei der Digitalisierung des Messwesens zusammenarbeiten – unter anderem auch Unternehmen der VSE-Gruppe – treiben wir die Umsetzung von Mehrwertdiensten wie Mehrspartenauslesung, Visualisierung und CLS-Management intensiv voran.

AI-flex: Industrie und Forschung gemeinsam für eine zukunftsorientierte Energieversorgung

Seit einigen Jahren arbeiten Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Verbände daran, wie man Energiespeicher, Smart Grids und die intelligente Netzsteuerung nutzen kann, um Zellen, die ihren Energiebedarf durch eigene Anlagen decken könnten, in ein Gesamtsystem der Energieversorgung zu integrieren. Solche Zellen entstehen, weil die Energieerzeugung aus dezentralen Anlagen wie beispielsweise Windkraft, Photovoltaik oder Biomasse zunimmt.

VOLTARIS ist Partner im Projekt AI-flex

Seit Juni 2022 beschäftigt sich das Verbundvorhaben „AI-flex“ mit der Entwicklung von autonomen AI-basierten Zelloptimierern für das Management von Flexibilisierungsoptionen aus Sicht der Energiequelle. Wir gehören zu den insgesamt sechs Partnern aus Deutschland und Österreich, als Forschungspartner sind die TU Wien, das Austrian Institute of Technology, die TU Kaiserslauterrn und die FH Bielefeld beteiligt. Mittelfristig soll ein europaweites, zellulares Energiesystem entstehen, wodurch ein höherer Anteil erneuerbarer Energie in die Netze fließen kann.

Was ist ein zellulares Energiesystem?

Der zellulare Ansatz umfasst dezentralisierte, autonome Energiezellen auf allen Netz-Hierarchieebenen. Dabei kann jede Zelle Elektrizitäts-, Gas- und Fernwärmenetze umfassen und eine hohe Effizienz und Flexibilität erreichen, indem sie eine Sektorkopplung und verschiedenen Lösungen zur Energiespeicherung wie Batterien und Power-to-X-Systemen einsetzen. Anders als beim konventionellen Netzbetrieb optimiert jede Zelle für sich die Erzeugung von erneuerbaren Energien sowie Energiespeicherung und -verbrauch. Diese Optimierung erfolgt dabei mit einer größeren Detailgenauigkeit und einem deutlich höheren Komplexitätsniveau aufgrund der hohen Anzahl an Teilnehmern bzw. zu berücksichtigenden Anlagen. Um dieser Herausforderung zu begegnen, sollen in diesem Vorhaben autonome, AI-basierte Zelloptimierer entwickelt werden, die ein effizientes Management von einer Vielzahl an Flexibilisierungsoptionen aus Sicht der Energiezelle ermöglicht. Die AI-basierte Steuerung wird in einen digitalen Zwilling der unteren Ebenen des Energiesystems integriert und dort unter realen Bedingungen getestet.

Teilprojekt „Smart Metering im Kontext zellularer Energienetze“

Wir von VOLTARIS sind als Spezialist für das intelligente Messdatenmanagement und zertifizierter Gateway-Administrator im Teilprojekt „Smart Metering im Kontext zellularer Energienetze“ zuständig für die Optimierung und Verfügbarkeit der realen Messdaten aus den Netzen. Konkret übernehmen wir

  • die Messdatengewinnung und -bereitstellung
  • den Betrieb und die Überwachung der relevanten Backend-Systeme des intelligenten Messstellenbetriebs
  • die Überwachung der Lasten innerhalb des Energiesystems mit intelligenten Messystemen
  • die Evaluation und Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle im Kontext eines zellularen Energiesystems.

Da die Messdaten der intelligenten Messsysteme dazu dienen, die AI zu trainieren, muss die Verfügbarkeit und Integrität der Daten ausreichend sein. Außerdem müssen bei der gesamten Entwicklung und insbesondere bei den Feldtests diverse Aspekte des Datenschutzes beachtet werden und gewährleistet sein.

Nutzung der Forschungsergebnisse

Die Forschungsergebnisse, die wir gewinnen können, wollen wir nutzen, um neue Geschäftsmodelle für das CLS-Management, die intelligente Steuerung, das Mehrspartenmanagement und das Submetering umzusetzen. Ein spannendes Projekt, das noch bis Ende Mai 2025 läuft und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert wird. Wir halten Sie auf dem Laufenden.